"Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?"
Frau Brüllen fragt das an jedem fünften Tag des Monats und wer mag, schreibt fleißig mit.
Die übrigen WMDEDGT-Einträge findet Ihr wie immer hier.
Mein Tag begann heute unchristlich früh für einen Sonntag, aber was
will man machen. Pferdemenschen sind Frühaufsteher und solange
Pferdemenschen noch keinen eigenen Führerschein haben,
muss halt auch die Crew früh aus den Federn ;-)
6.45 Uhr: Mein Wecker klingelt. An einem Sonntag.
Ohne Worte. Aber leider gibt es kein Erbarmen - gestern hat es nämlich
den Mann getroffen, also bin ich heute fällig.
Zum Glück ist es keinesfalls die Regel, dass die Missi am Wochenende
mitten in der Nacht Stalltermine hat und schon gar nicht Samstag
UND Sonntag. Aber diese Woche war nachmittags keine Zeit für Reitstunden
und unglücklicherweise hat sie dann zweimal die Neun-Uhr-Wochenendkeule getroffen.
Ich quäle mich aus dem Bett. Der Mann dreht sich um und zieht sich
mein Kissen über den Kopf. Ich weine leise und wecke das deutlich
motiviertere Kind. Fertig machen und warm anziehen.
7.30 Uhr: Ich schmiere Brote für die Missi, koche mir einen Tee
zum Mitnehmen und weil ich nett bin, stecke ich auch Brötchen in den
Ofen und decke den Frühstückstisch für den Rest der Bande.
Wobei das vermutlich nur für den Mann relevant wird, der spätestens
in einer halben Stunde eh aufsteht. Die Große wird wohl erst auftauchen,
wenn wir längst zurück sind.
7.45 Uhr: Wir müssen dringend los. Sprudel, Tee, Traubenzucker, Stiefel,
Putztasche, Rückenprotektor, Helm, Sporen und eine Banane für den Ponyopa.
Echt leichtes Gepäck heute :-p
Ach, und natürlich Mützen, Handschuhe, Loops und Masken.
(Mit Schal, Mütze, Brille und Maske fühle ich mich ja immer ein bisschen wie
unter Wasser - man nimmt alles nur noch sehr gedämpft wahr. Schwierig.)
Als wir mit dem ganzen Krempel draußen stehen, fällt mir auf, dass
der Mann mich mit dem Transporter in der Einfahrt zugeparkt hat.
Freiparken oder den Golf der Großen nehmen, das ist die Frage.
Da ich keine Lust habe, mir später die Predigt anzuhören, dass wir
mit ihrem heiligen Auto "Zu den stinkenden!! Pferden!!! Das ist ja ekelhaft!!!!"
(been there, done that...) gefahren sind, entscheide ich mich fürs
Freiparken, was ein echter Spass ist, denn es ist dunkel, nass,
der Transporter naturgemäß sehr groß und selbstverständlich parken Autos
vor unserem Haus, sonst hätten wir uns da ja selbst in Abfahrreihenfolge sortieren
können. Ich fahre also den Transporter drei Häuser weiter an die Straße,
befreie mein Auto und pfropfe dann die Riesenkiste-ohne-Fenster eilig
wieder rückwärts in die Einfahrt, die genauso breit ist wie der Transporter.
Straße schmal, gegenüber parkt ein Auto, ich muss zweimal korrigieren
und so ein Transporter PIEPST BEIM RÜCKWÄRTSFAHREN.
Sonntagsmorgens kurz vor acht. So sorry, Nachbarn, echt.
Ich würde ja auch total gerne noch schlafen, man lässt
mich nur einfach nicht...
Es ist
8 Uhr, als wir endlich loskommen. Immerhin ist es nicht glatt und
selbstverständlich ist außer uns absolut niemand unterwegs,
so dass wir es in gut zehn Minuten an den Stall schaffen.
Das ist mal eben halb so lange wie unter der Woche!
Sensationell.
8.15 Uhr: Die Missi begrüßt kurz den Ponyopa, der noch recht verpennt
aus der Wäsche guckt. Aber der hat eh frei heute. Immerhin einer.
Ich nutze die Zeit, mir am ersten Schluck Tee brutal die Lippen
zu verbrennen. Die neue Thermoskanne kann was!
Zur Ablenkung gehe ich zur Haflingerherde, das Pferd holen.
Trotz 2G+ und damit Maskenpflicht überall, wo ein Dach drauf ist,
putzen wir heute drinnen, denn es fängt an, eklig zu regnen.
Das heißt, die Missi putzt, ich organisiere noch eine Ladung Heu, denn
das arme Pferd hatte gerade erst begonnen, zu frühstücken und
wird gleich seine Kräfte brauchen.
8.45 Uhr: Pferd ist geputzt, gesattelt und getrenst, auf geht's in die Halle.
Zu meiner Freude (und der meiner Gelenke) ist der Parcours schon aufgebaut,
denn heute ist Springtraining und normalerweise heißt das erst mal Stangen
schleppen. So beschränkt sich meine Mithilfe heute auf Steigbügel kürzen,
Nachgurten, später noch ein Paar Sporen verschnallen und dann eine Stunde lang
mit dem Äppelboy hinter den Pferden herräumen. So wird einem wenigstens nicht
kalt... Wenn gerade mal kein Pferd äppelt, verbrenne ich mir weiter den Mund
am Tee und amüsiere mich im Geheimen sehr über die Missi und ihr
heutiges Pferd (ein anderes als sonst), das wirklich keinen schnellen Schritt mehr
geht als nötig und auch die Hindernisse mehr überhüpft als überspringt. Und im
Anschluss gerne sofort stehenbleibt. Aufgabe erledigt. Der Gesichtsfarbe
der Missi nach zu urteilen, ist das heute knochenharte Arbeit. Vielleicht kann
ihr Sportlehrer morgen ja nochmal erklären, dass Reiten eigentlich gar
kein richtiger Sport sei. Danach sollte er allerdings schleunigst in Deckung gehen,
denn sie war letztes Mal schon kurz davor, ihm mal eine
Probestunde anzubieten *g*
10 Uhr: Stunde beendet. Die Missi rutscht aus dem Sattel in den Sand und
verkündet, ganz sicher nie wieder aufstehen zu können.
Ob ich wohl mal schnell die Hufe auskratzen könne? Ich kann.
Schließlich geht es hier auch um meine schnelle Rückkehr auf die Couch!
Ich organisiere auch noch eine Abschwitzdecke und leiste Mr. Schnarch
(fressen kann er schnell!) dann beim Frühstück Gesellschaft, während
die Missi die Gerätschaften verräumt. Mein Tee hat inzwischen
wenigstens leidlich Trinktemperatur.
10.30 Uhr: Pferd zurück zur Herde gebracht, Ponyopa nochmal geknutscht
(morgen ist er dann wieder dran) und ab nach Hause.
Die Missi kommt kaum noch aus dem Auto und freut sich nur mäßig,
dass sie heute noch mehr tun muss, als den Rest des Tages im Bett zu liegen.
Ich schicke sie duschen und gehe erst mal zum Mann auf die Couch, Füße wärmen.
Der hat inzwischen gefrühstückt, gebadet, die Spuren des Abends (Fußball!
War aufregend und alle Kinder haben mitgeguckt, genau so sah es im
Wohnzimmer auch aus...) beseitigt und sogar die Adventskerzen angezündet.
Die Große ist erwartungsgemäß noch nicht aufgetaucht. Deren Leben besteht
momentan zu 95% aus Lernen und Schlafen. Das Abi naht.
12 Uhr: Die Missi ist geduscht, meine Füße warm. Mittach!
Ich hatte kein Frühstück und stehe kurz vorm Hungertod. Zum Glück
haben wir gestern abend Pizza und Pasta geholt und noch reichlich Reste.
(Festes Ritual seit dem ersten Lockdown: Samstags abends irgendwo
lecker Essen holen und zwar so viel, dass es auch noch für sonntags reicht.
Zack, was für die Seele und die Wirtschaft getan - und zweimal Kochen gespart :)
Wir essen, planen den restlichen Tag und erfahren nebenbei von der Großen
sehr viel über europäische Gebirge und Flüsse, von denen ich im Leben
noch nichts gehört habe (Rhodopen was?!) Da sag mal einer,
Schule würde nicht bilden.
13 Uhr: Der Mann und die Große fahren jetzt zur Oma und dann zusammen
den Opa besuchen (bzw. gehen sie eine Runde mit ihm spazieren,
weil Besuchen is ja gerade nich), der ist nämlich kürzlich mal wieder von der
Leiter gefallen und momentan zur Reha.
("Mal wieder" ist leider absolut wörtlich zu nehmen, denn meine Schwiegereltern
sind in der Zeit, die ich sie kenne, definitiv öfter von Leitern oder Bäumen gefallen
als alle anderen Menschen, die ich kenne oder jemals kannte, zusammen.)
Wir zwei anderen bleiben zuhause, denn erstens würden wir nicht alle
ins Auto passen, zweitens Pandemie und so und drittens hat die Missi
noch was zu lernen. Das tut sie nun auch, während ich mich mit dem
letzten Stück Pizza, einem Buch und einer Decke auf die
Couch verziehe...
16.30 Uhr: Der Mann und die Große sind wieder da.
Ich habe zwischenzeitlich mal noch die Nikolausgeschenke der Kinder
eingepackt, ein Stück Kuchen gegessen und die Weihnachtskarten rausgesucht -
die Missi diskutiert am Telefon nämlich gerade mit einer Stallfreundin das
gemeinsame Weihnachtsgeschenk für die Reitlehrerin, das sie ihr morgen
schon geben wollen, weil sie da vermutlich zum letzten Mal vor
Weihnachten zusammen am Stall sein werden. Außerdem habe ich
hier mal ordentlich was weggetippt und zwei Blogposts vorbereitet.
Allerdings erst, nachdem ich den Laptop am Laufen hatte, das ist
neuerdings oft eine tagesfüllende Aufgabe...
17 Uhr: Der Mann hat gestern einen Christbaum geholt (und sich
beim Zurechtschneiden den halben Finger abgesäbelt) und dafür, dass er
zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren keine Hilfe von den Kindern hatte,
ist er eigentlich ganz schön geworden ;-) Jetzt holt er ihn aus dem Flur ins
Wohnzimmer. Platz haben wir gestern schon gemacht, jetzt kann er
ein wenig Wirkung entfalten, bevor wir ihn heute abend oder
morgen schmücken werden. Ich dirigiere ihn wohlwollend von der
Couch aus und pflege derweil meine massiven Rückenschmerzen.
18.30 Uhr: Wir haben ein ausführliches Geschenke-Brainstorming betrieben,
schon drei oder viermal den Baum gedreht und nebenbei schauen wir
Formel 1. Seltsame Geräusche über uns. "Missi, was tust Du?" -
"Ich dusche!" - "Aber Du hast doch schon heute morgen geduscht!?" -
"Da hab ich mich abgeduscht. Jetzt dusche ich RICHTIG!"
Selbstverständlich. Was fragt er auch...
19 Uhr: Abendessen. Wir haben Suppe von der Oma, dazu gibt es
Sandwiches. Danach nochmal ein bisschen Formel 1 auf der Couch
zusammen mit den Kindern, was bedeutet, dass wir eigentlich nur noch
die Bilder haben und das Geschehen selbst interpretieren müssen.
Ich nutze einen kurzen Augenblick, um die Nikolausstiefel im Flur zu
drapieren. Im Anschluss planen wir alle zusammen die Weihnachtstage.
Also, genauer gesagt: Das Essen während der Weihnachtstage. Die Kinder
sind da ganz traditionalistisch ("Wie immer halt!"), der Mann und ich können
aber doch noch ein paar Experimente unterbringen. Wir planen jedenfalls wieder
die Weihnachtstage zu viert und ohne Besuch, alles andere ist wohl utopisch,
zumal die Große nur eine Woche später ins Abi startet. No risk, no fun?
In dem Fall wohl eher nicht...
20.30 Uhr: Der Plan steht, ich habe nebenbei heimlich auch noch die
Geschenkeliste komplettiert. Das meiste haben wir - was fehlt, sind fast
alles Dinge, die noch selbst gemacht werden. Ich habe die Kleine Werkstatt
heute in die Winterpause geschickt, es kann also losgehen.
Die Kinder reklamieren das Ausbleiben vom Nikolaus (der kommt bei
uns tatsächlicher immer am Nikolausabend, nicht in der Nacht), aber
kurz darauf stolpert die Missi im Flur über Apfel, Nuss und
Mandelkern und das Plündern der Stiefel verwandelt das Wohnzimmer in
kürzester Zeit in ein Schlachtfeld. Mein Vorschlag, Nikolaus zukünftig
vielleicht mal etwas erwachsener abzuhandeln, wird wie jedes Jahr
empört abgeschmettert. Also von den Kindern, der Mann wäre
wohl soweit ;-)
21.30 Uhr: Wohnzimmer wieder vorzeigbar, beide Kinder nochmal an den
Schreibtischen. Wir drehen den Christbaum ein letztes Mal und beschließen,
das morgen nochmal bei Tageslicht zu betrachten. Letztes Jahr war es
irgendwie einfacher, aber da hatten wir auch einen total großen,
perfekten Pandemie-Kompensationsbaum. In diesem Jahr sind wir
scheinbar schon abgestumpft. Ich merke, wie früh ich heute morgen
aufgestanden bin (also für einen Sonntag, aber mein Biorhythmus merkt alles!),
und verabschiede mich mit Buch Richtung Bett. Gar nicht so selten
neuerdings, dass ich hier die erste bin, die schläft.
23.10 Uhr: Ja denkste. Die Missi hat mich auf dem Weg ins Bett nochmal
ordentlich wachgequatscht und so hat der Mann mich elegant links überholt
und schläft jetzt schon tief und fest, genau wie seine redselige Tochter.
Die Große (und den Freund?) höre ich noch unten kruschteln, aber die
muss/müssen montags auch immer erst zur Dritten raus.
Kann ich nur von träumen, also versuche ich jetzt auch nochmal
mein Glück. Gute Nacht!
Musste so lachen ...
AntwortenLöschenIch mag deine Einblicke so sehr! Und Abi eine Woche nach Weihnachten? Das wird ja immer verrückter...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sternie
@sternie_sternenglueck
Ja, hier in Rheinland-Pfalz macht man das Abi nach zwölfeinhalb Jahren.
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